Er war so vieles: Dozent für jiddische Lieder an der Jüdischen Volkshochschule Berlin, Koordinator des Klezmer-Zentrums an der Musikschule 'Fanny Hensel', Gründer und Leiter des weit über Berlin hinaus bekannten Chors „Gofenberg&Chor“ und Chef von mehreren Klezmer-Formationen – 'Klezmer chidesch' war die bekannteste von ihnen.
Vor allem anderen aber war Josif Gofenberg 'A mentsh' – ein liebenswerter Künstler, an den sich alle, die mit ihm zu tun hatten,
stets erinnern werden und der so vielen fehlen wird.
Josif Gofenberg – für die meisten nur „Josl“ oder „Goscha“ - wurde 1949 in Czernowitz geboren. Musik wurde ihm im wahrsten Sinne in die Wiege gelegt. Als er im Kindesalter erkrankte, schenkte ihm der Vater ein Akkordeon, das von nun an bis zum Ende seines Lebens ein ständiger Begleiter war. Angeregt durch seine Mutter sammelte er die jiddischen Lieder Osteuropas, die – ob fröhlich oder traurig – jedem ans Herz gehen: Die Lieder aus dem „Shtetl“ erzählten die Geschichten ihrer jüdischen Bewohner – Geschichten voller Melancholie und Lebensfreude.
Wir, die Mitglieder von „Gofenberg&Chor“ durften ihn bei seiner Lebensaufgabe unterstützen – nämlich dieses Liedgut zu erhalten, zu pflegen und weiterzugeben. Wir sind dankbar, dass wir sein Motto 'Der Seele eine Stimme geben“ mit umsetzen durften in so vielen Konzerten in Berlin, in vielen anderen deutschen Städten und auch im Ausland.
Josif Gofenberg ist am 18. April 2022 – mit 72 Jahren viel zu früh – gestorben. Erst im August 2021 war er vom
Bundespräsidenten für sein musikalisches Wirken und sein Engagement für christlich-jüdische Zusammenarbeit und Toleranz
mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt worden. Bereits 2013 hatte er für seine vielfältige Arbeit den Integrationspreis des Bezirks Berlin-Mitte erhalten.
Josif Gofenberg wurde im August 2021 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen
Gedenken an Josifs Zweiten Todestag am 21. April 2024
Jüdischer Friedhof Heerstraße
von Heiko Steffens
Lieber Josif
Wir sind heute zu Deinem Grab gekommen, weil wir noch immer traurig
sind. - Aber unsere Trauer ist nicht mehr dieselbe wie bei Deiner Beerdigung.
Zu Lebzeiten hast Du unserer Seele mit Deinen Liedern eine Stimme gegeben.
Vor zwei Jahren an Deinem Grab konnten unsere Stimmen nur noch leise
flüstern: Oy Yosl, mayn khayes geyt mir azhe oys nokh dir. Das Herz will
brechen in Sehnsucht nach dir. Und wir sangen das Nigndl „Wieder ist ein Tag
vorbei, und es schwebt die Nacht herein. So kommt der Tag heran, an dem
das Leben endet“ als Klagelied.
Es ist wie es ist! Für‘s Herz ist der Friedhof ein fremder, ferner Ort,
ein Ort des Abschieds für immer, des Kaddish und der Tränen. Aber:
Heute sind wir gefasster hier als damals. Heute sind wir gekommen, um Dir
zu zingn un zu zogn, dass Du jedem von uns jetzt näher bist als damals
im Sarg. - Wie bitte? - Nun, in Erinnerung an Dich als Mensch, als Balebos
unserer Mishpokhe und als Klezmerkönig des Jiddischen Kulturerbes,
in Erinnerung an Dich haben wir im Tempel unseres Gedächtnisses ein
Monument errichtet – im liebevollen Gala-Stil. Alle Proben, Konzerte in
Jüdischen Gemeinden, in Synagogen und Kirchen, unsere Konzertreisen nach
Stettin, Vilnius, Krakau, München, Sylt, Andernach und Altenholz – um nur
einige zu nennen, sind da präsent. So bleibst Du immer in unserem Herzen
lebendig und allgegenwärtig im Geist.
Und wenn Du uns fragen solltest, wie’s mit uns so weitergegangen ist,
dann wäre unsere Antwort: Wir halten Deinen Namen in Ehren. Wir heißen
jetzt GofenbergChor und Dein Vermächtnis ist bei Konstantin in besten
Händen!
Was Du jetzt machst? - Ob Du den Chor der Engel mit Deinem
himmlischen Akkordeon begleitest und zwischen den Kantaten Witze erzählst
oder sonst was machst, das können wir zwar glauben, aber nicht wissen.
Was wir aber ganz sicher wissen, und das steht fest für alle Zeit:
Du bist und bleibst bei uns - und wir bei Dir.
A m e n